Alkohol als Genussmittel zu verstehen und zu lernen, damit verantwortungsvoll umzugehen, ohne sich oder andere zu gefährden, gehört zu den Entwicklungsaufgaben von jungen Menschen. Als Eltern und Erziehungsberechtigte haben Sie die manchmal schwierige Aufgabe, Ihre Kinder auf dem Weg dahin zu begleiten. Mit diesen 10 Tipps wollen wir Sie dabei unterstützen.
10 Tipps für Eltern und Erziehungsberechtigte
1. Schaffen Sie eine vertrauensvolle Beziehung!
Um mit Ihrem Kind über den Umgang mit Alkohol zu reden, ist eine Beziehung voller Vertrauen, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit wichtig. Sie müssen nicht perfekt sein, sondern einfach nur Sie selbst. Sprechen Sie Wünsche, Bedürfnisse aber auch Grenzen klar aus. Dadurch bekommen Sie mehr Glaubwürdigkeit. Ihrem Kind fällt es dann leicht, sich an Ihnen zu orientieren. Ihr Kind muss wissen: Egal was passiert, ich kann immer kommen und muss keine Strafen befürchten. Kinder und Jugendliche, die ihren Eltern und Erziehungsberechtigten vertrauen, greifen seltener zu Alkohol und anderen Suchtmitteln. Nutzen Sie Ihre Rolle, auch wenn Ihr Einfluss mit der Zeit abnimmt. Familientraditionen und Rituale, wie gemeinsame Mahlzeiten, ein Spaziergang oder Spiele, stärken die Beziehung. Besonders wichtig ist es, mit Ihrem Kind zu reden. Über positive Erlebnisse, aber auch über Probleme oder Sorgen.
2. Seien Sie ein Vorbild!
Kinder und Jugendliche beobachten aufmerksam wie Eltern, Verwandte und Freunde mit Alkohol und anderen Suchtmitteln umgehen. So lernen Kinder, wie man mit Stress, Problemen, angenehmen, aber auch unangenehmen Erlebnissen umgeht.
Sie können also vorleben, dass man sich nicht betrinken muss, um mit schwierigen Situationen umzugehen. Reden Sie mit jemandem darüber, machen Sie Sport, entspannen Sie sich bei Musik oder einem guten Essen. Beobachten Sie Ihren Umgang mit Alkohol und ändern Sie ihn, wenn nötig: Bei welchen Gelegenheiten trinke ich Alkohol? Wie oft trinke ich Alkohol? Wie viel Alkohol trinke ich?
Alkohol als Genussmittel bedeutet zu besonderen Gelegenheiten zu trinken, ohne sich selbst oder andere zu gefährden.
3. Helfen Sie Ihrem Kind dabei, zu lernen mit Alkohol selbstbestimmt umzugehen!
Wir bringen unseren Kindern das Radfahren bei, geben Tipps und Halt. Beim Umgang mit Alkohol sollte es auch so sein.
Selbstbewusste Kinder und Jugendliche sind weniger gefährdet suchtkrank zu werden. Altersentsprechende Aufgaben ermöglichen eigene Erfahrungen und Erfolgserlebnisse. Geben Sie positive Rückmeldungen auf das Verhalten, aber auch auf die Persönlichkeit Ihres Kindes. Zeigen Sie, dass Sie Ihr Kind respektieren, seine Meinung ernst nehmen und Vertrauen haben. Selbstbewussten Kindern fällt es leichter, auch einmal „Nein“ zu sagen.
Der Druck im Freundeskreis macht das manchmal schwierig, nein zu sagen. Reden Sie mit Ihrem Kind auch über Situationen, in denen ein „Nein“ gut funktioniert hat. Je besser Ihr Kind darauf vorbereitet ist, desto leichter kann es entscheiden: Mit wem will ich meine Freizeit verbringen? Will ich Alkohol trinken, oder nicht?
4. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Kind!
Weil Alkohol bei uns weit verbreitet und gesellschaftlich (meist) akzeptiert ist, darf es Sie nicht wundern, wenn Ihr Kind schon früh Fragen zu dem Thema hat. Kinder sollten von Beginn an die Möglichkeit haben, über sich selbst, ihre Gefühle und Erlebnisse zu reden.
Um im Gespräch zu bleiben, sollten Sie sich Zeit für Ihr Kind nehmen. Häufige, kurze Unterhaltungen sind sinnvoller als lange Aufklärungsgespräche. Nutzen Sie auch Situationen des Alltags, etwa eine Szene in einer Fernsehserie, um miteinander zu reden. Reden Sie nicht nur dann miteinander, wenn es Probleme gibt, sondern reden Sie auch über Dinge, die gut laufen. So wird Positives bestärkt.
Hier ein paar Tipps für ein Gespräch:
- Um ein Gespräch in Gang zu bringen, sind offene Fragen hilfreich. Offene Fragen sind Fragen, die man nicht kurz mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann.
- Stellen Sie Fragen: Wieso willst du Alkohol trinken? Was macht für dich den Reiz beim Alkohol aus?
- Reden Sie auch offen über Ihre eigenen Erlebnisse mit Alkohol.
- Hören Sie Ihrem Kind mit Interesse zu, ohne zu unterbrechen.
- Versuchen Sie nicht, Ihr Kind zu belehren.
- Bleiben Sie im Gespräch ruhig, auch wenn Sie Dinge erfahren, die Sie beunruhigen. Zeigen Sie, dass Sie die Ehrlichkeit zu schätzen wissen. Versuchen Sie zu erklären, was man vielleicht anders oder besser hätte machen können.
- Zeigen Sie Gefühle und sagen Sie, wie es Ihnen geht und was Sie fühlen.
5. Informieren Sie sich über Alkohol!
Sie als Elternteil und Erziehungsberechtigte*r sollten unbedingt mehr über das Thema Alkohol wissen, als Ihre Kinder. So können Sie Fragen gut beantworten. Besonders wichtig ist es, gut über Gesetze im Zusammenhang mit Alkohol und über die Wirkung von Alkohol Bescheid zu wissen. Für Erwachsene sind sachliche Informationen besonders hilfreich. Kinder können mit möglichst lebendigen Berichten über Erlebnisse am meisten anfangen. Erzählen Sie beispielsweise ganz ehrlich, wie Sie die Wirkung von Alkohol erleben. Geben Sie Ihr Wissen dem Alter der Kinder entsprechend weiter und bleiben Sie dabei sachlich ohne zu übertreiben.
6. Sprechen Sie über positive und negative Folgen von Alkohol!
Reden Sie mit Ihrem Kind darüber, wie Alkohol wirkt. Sprechen Sie Gefahren ebenso an wie negativ erlebte Auswirkungen aber auch angenehme Folgen von wenig Alkohol (man fühlt sich lockerer oder entspannter oder vergnügter, ...) offen an. Klären Sie Mythen auf. Machen Sie Ihrem Kind klar, dass man im betrunkenen Zustand Dinge tut (etwa Mutproben oder sich auf sexuelle Kontakte einlässt) die man im nüchternen Zustand nicht machen würde.
Hier mögliche Gefahrenbereiche:
- Alkohol erhöht die Unfallgefahr. Junge Fahrzeuglenker*innen sind besonders häufig an Alkoholunfällen beteiligt.
- Wer Alkohol trinkt, ist manchmal aggressiver. 95 Prozent aller Gewalttaten von Jugendlichen passieren im alkoholisierten Zustand.
- Betrunkene Jugendliche haben häufiger ungeschützten Sex. Die Wahrscheinlichkeit ungewollt schwanger zu werden ist größer und auch die Gefahr eines sexuellen Übergriffs steigt.
- Eine Alkoholvergiftung durch zu viel Alkohol kann zu Bewusstlosigkeit, Koma oder sogar zum Tod führen.
- Wer regelmäßig viel Alkohol trinkt kann auch abhängig werden. Je früher man beginnt viel zu trinken, desto größer ist die Gefahr.
Nicht jede Situation ist passend, um über die Gefahren von Alkohol zu reden. Sie sollten über dieses Thema zum Beispiel nicht vor den Freund*innen Ihres Kindes reden, kurz vor dem Fortgehen oder wenn Ihr Kind betrunken heimkommt.
7. Vereinbaren Sie klare Regeln!
Da Alkohol in Österreich erst ab 16 Jahren erlaubt ist und weil schon wenig Alkohol für Kinder und junge Erwachsene schädlich ist, gilt: Alkohol gehört nicht in Kinderhände. Machen Sie immer wieder deutlich und glaubwürdig klar, dass Ihnen ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol wichtig ist.
Das Jugendgesetz gibt den Rahmen im Umgang mit Alkohol vor. Als Erziehungsberechtigte können Sie auch strengere Regeln aufstellen und mit Ihrem Kind, dem Alter entsprechend, vereinbaren. Ein wichtiger Leitspruch lautet: Wenn man sich dafür entscheidet Alkohol zu trinken, so trinkt man, ohne sich selbst oder andere zu gefährden.
Es muss klar sein, dass das Jugendgesetz eingehalten wird, dass man alkoholisiert kein Fahrzeug lenkt, mit niemandem mitfährt, der getrunken hat und keinen Alkohol trinkt, wenn man Medikamente nimmt oder schwanger ist. Sie sollten Ihrem Kind aber auch vertrauen und Freiheiten geben, wie zum Beispiel, es auf eine Party gehen zu lassen. Wenn Ihr Kind etwas besonders gut macht, sollten Sie darüber reden, das positive Verhalten loben und so Ihr Kind darin bestärken.
Natürlich werden Regeln nicht immer eingehalten. Strafen helfen nicht weiter, um einen guten Umgang mit Alkohol zu erlernen. Hält sich Ihr Kind aber überhaupt nicht an die Regeln und trinkt immer wieder zu viel Alkohol, dann braucht es ab einem gewissen Punkt Konsequenzen. Es muss vorher klar sein, was die möglichen Folgen sind, wenn sich Ihr Kind nicht an die Regeln hält. Versuchen Sie zu erreichen, dass Ihr Kind über die Folgen seines Handelns nachdenkt und dann auch sein Verhalten ändert.
8. Achten Sie auf den Umgang mit Alkohol in Ihrem Umfeld!
Kinder und Jugendliche trinken Alkohol oft aus Langeweile, weil sie keine passenden oder zugänglichen Freizeitmöglichkeiten haben. Daher sollte man versuchen, ein Umfeld zu schaffen, in dem junge Menschen sich möglichst wohl fühlen und sich aktiv einbringen können. Auch im Freizeitbereich ist es wichtig, dass Sie als Elternteil aufmerksam sind: Welche Rolle spielt Alkohol in Vereinen, am Dorffest, in Lokalen und auf Partys? Wenn Sie bemerken, dass gegen die Gesetze im Zusammenhang mit Alkohol, zum Beispiel gegen das Jugendgesetz, verstoßen wird, so sollten Sie das klar ansprechen. Gröbere Missstände kann man auch den Behörden melden. Bezugspersonen Ihres Kindes, etwa im Sportverein oder in der Theatergruppe, sollte man auf das Thema aufmerksam machen. Reden Sie auch mit den Eltern der Freund*innen Ihres Kindes und versuchen Sie, gemeinsam etwas zu erreichen und sich gegenseitig zu unterstützen.
9. Behalten Sie einen kühlen Kopf, wenn Ihr Kind betrunken heimkommt!
Wenn Ihr Kind Alkohol trinkt, dann wird es wahrscheinlich auch einmal betrunken nach Hause kommen. Es macht mehr Sinn, erst am nächsten Tag mit Ihrem Kind darüber zu reden. Sie sollten einen kühlen Kopf bewahren. Gefühle wie Wut und Enttäuschung helfen bei so einem Gespräch nicht. Verzichten Sie auf Vorwürfe, reden Sie über Ihre Sorge. Geben Sie Ihrem Kind die Möglichkeit, das Thema von sich aus anzusprechen. Hören Sie zu, ohne sich gleich eine Meinung zu bilden. Ihr Kind sollte alles sagen können, was ihm wichtig ist. Reden Sie nicht nur über den Vorfall, bei dem Ihr Kind zu viel Alkohol getrunken hat. Fragen Sie Ihr Kind auch, was es sonst noch beschäftigt (zum Beispiel Stress in der Schule, Liebeskummer). Überlegen Sie, ob diese Sorgen oder Herausforderungen vielleicht etwas mit dem Alkoholkonsum zu tun haben. Versuchen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind herauszufinden, was man aus der Erfahrung lernen kann. Dann treffen Sie gemeinsam sinnvolle Vereinbarungen für die Zukunft. Wenn Ihr Kind danach immer wieder zu viel Alkohol trinkt, müssen Sie klar machen: Wir werden diese Entwicklung nicht hinnehmen.
10. Nehmen Sie bei Bedarf Unterstützung an!
Trinkt Ihre Tochter/Ihr Sohn immer wieder zu viel Alkohol, dann sollten Sie aufmerksam sein. Auf lange Sicht kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Ein alkoholkranker Mensch kann nicht mehr auf Alkohol verzichten. Er ist krank und braucht Hilfe.
Es ist nicht leicht einzuschätzen, ob Ihr Kind zu viel Alkohol trinkt. Probleme mit Alkohol bleiben oft lange Zeit unbemerkt. Bemühen Sie sich daher, in Kontakt mit Ihrem Kind zu bleiben.
Wenn Sie glauben, dass Ihr Kind ein Problem mit Alkohol hat, sollten Sie weder in Panik verfallen noch Ihre Sorgen verharmlosen. Reden Sie mit Ihrer*Ihrem Partner*in oder einer Person, die Ihnen wichtig ist, über Ihre Sorgen. Reden Sie auch ganz offen mit Ihrem Kind darüber. Sollten Sie als Elternteil einmal nicht mehr weiterwissen, etwa weil kein Gespräch mehr möglich ist, holen Sie sich unbedingt Hilfe von Fachleuten.
Haben Sie selbst, oder jemand anderer in Ihrer Familie, ein Problem mit Alkohol, dann sollten Sie sich auch Hilfe holen. Kinder aus Familien, in denen es Probleme mit Alkohol gibt, haben ein vier- bis sechsfach höheres Risiko selbst suchtkrank zu werden. Hier finden Sie Beratungsstellen.