Ich bin seit 15 Jahren verheiratet mit einer wundervollen liebenswerten Frau und habe zwei schulpflichtige Kinder, die mein Ein und Alles sind, 49 Jahre alt, nächsten Monat „feiere“ ich meinen Fünfziger, und bin Alkoholiker, bereits seit ungefähr 30 Jahren.
Ich war also auch schon Alkoholiker, wie ich meine Frau kennenlernte, war zu dieser Zeit aber ziemlich trocken […] Auch in der Arbeit gab es dadurch Probleme, ich hab einen relativ guten Job mit gutem Verdienst, und mir drohte die Kündigung. All das nahm ich zum Anlass, nach Beratung durch den Psychosozialen Dienst den Weg nach Kalksburg (Anton Proksch Institut) anzutreten. Das war eine der besten Entscheidungen in meinem Leben, dort wird einem tatsächlich geholfen. […] Nach Kalksburg war ich 7 Jahre trocken, ich bin viel spazieren gegangen, hab sehr viel über den Alkohol nachgedacht und wie schlecht es mir dadurch gegangen ist, und war glücklich, dass ich es geschafft habe. Die 7 Jahre verdanke ich auch meiner Familie, aber auch dem Psychosozialen Dienst, der mich die ersten beiden Jahre im Rahmen einer Nachbetreuung unterstützte.
Dann kam der verhängnisvolle Urlaub in der Türkei. Immer noch trocken, sagte ich meiner Frau, sie soll sich doch einen Raki bestellen - den kannte ich von einem Urlaub aus der früheren Zeit und der schmeckte mir verdammt gut. Gesagt, getan, der Raki stand auf dem Tisch. Doch meine Frau nippte nur am Glas, er schmeckte ihr nicht, nein, ihr grauste davor. So, und jetzt begann die Misere: Ich dachte, wie kann man nur einen Raki stehen lassen? Ewig schad drum. Und so machte ich mir mit meiner Frau aus, dass ich dieses Glas ausnahmsweise austrinke. Maaah, war das gut, da gehörte noch ein zweiter her. Das wars für diesen Tag, und am Abend hatte ich ein ziemlich schlechtes Gewissen deswegen - die sieben Jahre, auf die ich sooo stolz war, waren unterbrochen bzw. sogar beendet. Am nächsten Tag schmeckte der Raki wieder besonders gut, außerdem kam ich auf die Idee, einen Wein aus der Türkei zu kosten. Den gab es aus der Zapfsäule, also weit weg von der österreichischen Weinkultur, aber egal, es war Alkohol drin. Meiner Frau machte ich verständlich, dass ich nur während des Urlaubs was trinke und in Österreich sofort wieder aufhöre.
Zu Hause angekommen, war ich jetzt aber doch neugierig, wie denn unser Wein, den wir zu Hause hatten, schmeckt. Flasche geöffnet und jaaa, DAS war ein Wein. Es folgte eine Zeit, in der ich Unmengen Wein konsumierte, hauptsächlich gemischt mit Cola, und als Ausrede verwendete ich die Tatsache, dass ich ja vor Kalksburg fast nur Bier getrunken habe und der Wein sicher nicht dieses Problem darstellte, wieder abhängig zu werden. Doch da war ich es schon wieder längst. Es kam der Umstieg aufs Bier, und wenn das nicht reichte, gehörte auch noch der Schnaps dazu. Es war alles wie früher. Ich möchte nicht wissen, wie es meiner Frau dabei ging.
Vor ca. 6 Jahren kam es zu meinem ersten Betretungsverbot. Ursache war körperliche Gewalt in - wie sollte es anders sein - alkoholisiertem Zustand. [Infolge kam es zweimal zu einem Betretungsverbot und schließlich zu einer einstweiligen Verfügung, Anm.] […]Ich hab mich sofort nach der Wegweisung an den Psychosozialen Dienst gewandt, hatte dort bereits meinen ersten Termin, am Montag folgt der zweite, und ich hab vor, deren Hilfe für lange Zeit in Anspruch zu nehmen, ganz einfach, weil ich es dieses Mal wirklich schaffen will. Ich hab heute meinen siebzehnten alkoholfreien Tag, deren sollen noch viele folgen, Tage, Wochen, Monate usw. Ich hab mein Problem sogar meinem Chef geschildert und ihn gebeten, ab und an ohne Vorwarnung meine Tasche bzw. meine Büromöbel zu kontrollieren, sodass ich gar nicht erst auf die Idee komme, wieder Alkohol in die Arbeit mitzunehmen, was ich nämlich auch täglich tat. Ich bin sehr froh, dass ich so einen Chef hab, er hat das nämlich für gut geheißen und mir Alles Gute gewünscht. Für alle, die das lesen und bis jetzt durchgehalten haben: Es geht, man kann aufhören, und es geht einem tatsächlich besser. Ich merke es an mir selbst. […] Ich habe zwei große Ziele: Das erste ist, dem Alkohol für immer den Rücken zu kehren, und sollte ein Rückfall eintreten, was leider verdammt schnell passieren kann, sofort danach ärztliche Hilfe aufsuchen. Das zweite wichtige Ziel ist, meine Familie zurückzugewinnen und für immer zu halten. Ich liebe meine Familie, ich möchte nicht ohne sie sein, doch das kann nur ohne Alkohol funktionieren. Vielleicht schafft es der eine oder andere, aus heiterem Himmel aufzuhören, ich habe es nie länger als ein paar Tage, max. eine oder eineinhalb Wochen geschafft. Ich brauche einfach immer einen Tritt in den A… - dann funktioniert es aber. Wobei ich dazu sagen muss, ich bin überzeugt, dass ich es dieses Mal schaffe, ich hoffe es zumindest ganz stark und hoffe, dass meine Familie mir verzeiht und wir eine gemeinsame Zukunft haben. OHNE ALKOHOL!!! Der Vollständigkeit halber: Mein Alkoholkonsum betrug in den letzten Monaten 9 bis 10 Bier am Tag, dazu wurde eine 1l-Flasche Schnaps in 3 bis 4 Tagen geleert.
Liebe Grüße und Alles Gute an alle, die das gelesen haben und denen es ähnlich geht wie mir!